Dayaks: Volk der Kopfjäger

Der Dschungel war für sie das Zentrum der Welt, Bäume Quellen der Kraft.

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Wer sind die Dayaks?

Siebenjähriges Dayak-Mädchen mit einem Halbaffen als Haustier.

Die Dayaks sind die indigene Bevölkerung (Ureinwohner) Borneos. Es ist ein Sammelbegriff für mehrere dutzend Stämme, die teils ihre eigenen Sprachen, Kultur und Riten haben und auf ganz Borneo verbreitet sind.

Die Dayaks gehören zu den austronesischen Völkern. Es wird angenommen, dass die Vorfahren der Dayaks aus dem südchinesischen Raum stammen und von dort Südostasien ab Mitte des 3. Jahrtausends vor Christus besiedelten. Viele Dayak-Stämme sprechen auch heute noch eigene Sprachen, die zum malayo-polynesischen Zweig der austronesischen Sprachfamilie gehören.

Geschichtliches

Die Dayaks waren im Europa des 19. Jahrhunderts berühmt-berüchtigt. Einige Dayaks waren als Piraten tätig, so dass es immer wieder zu einem Aufeinandertreffen mit den Kolonialmächten kam. Die Dayaks wurden als Volk der Kopfjäger bekannt. Bei einigen Stämmen bestand das Ritual, bei Schlachten den Feinden den Kopf abzuschlagen und als Kriegstrophäe mitzunehmen.

Weitere Bekanntheit erlangten die Dayaks aufgrund ihres teils ungewöhnlichen Körperschmucks, der von Tätowierungen über Penisstäbe (Piercing) bis zu durch Gewichte stark verlängerte Ohrläppchen reichte. Vor allem Letzteres findet sich heute noch bei einigen isoliert lebenden Dayak-Stämmen (z.B. in Tering Baru).

Kultur und Religion

Ein Dayak mit klassischem Korb.

Zunächst lebten die meisten Dayak-Stämme als Jäger und Sammler im Regenwald. Später gingen viele Dayak-Stämme zu einem Leben als sesshafte Reisbauern in Flussnähe über. Auch heute finden sich noch beide Lebensstile. Unverändert existieren in den wenig zugänglichen Primärregenwäldern Stämme, die der Jagd nachgehen. Der größere Teil der Stämme lebt hingegen als sesshafte Reisbauern.

Ursprünglich hingen die Dayaks animistischen Naturreligionen an. Aufgrund von Missionarsarbeit konvertierten viele Stämme im letzten Jahrhundert zum Christentum oder Islam. Da der indonesische Staat nur Buchreligionen akzeptiert, bezeichnen die nicht-konvertierten Stämme ihren Glauben als Kaharingan, das einer Variante des Hinduismus gleichkommt.

Transmigrasi: Mitursache für die Regenwaldzerstörung

Ein Teil der Dorfgemeinschaft mit uns vor unserer Lodge.

Indonesien ist ein Vielvölkerstaat, der mit zwei großen geographischen Problemen zu kämpfen hat. Einerseits besteht Indonesien aus etwa 13.000 Inseln, von denen etwa 3.000 Inseln dauerhaft bewohnt sind. Daneben erstreckt sich Indonesien in West-Ost-Richtung über 5100 km und in Nord-Süd-Richtung über knappe 1900 km. Ein weiteres Problem ist eine ungleichmäßige Verteilung der Bevölkerung. In Java liegt die Bevölkerungsdichte mit 800 Einwohnern pro Quadratkilometer etwa viermal so hoch wie in Deutschland. Hingegen finden sich Inseln, die nur sehr spärlich besiedelt sind.

Um einerseits die ungleiche Bevölkerungsdichte auszugleichen und andererseits die Kontrolle über die Ureinwohner der peripheren Inseln zu erlangen, ihnen also die javanesische „Dominanzkultur“ aufzuzwängen, wurde im Jahr 1969 unter dem Diktator Suharto das Umsiedlungsprogramm Transmigrasi gestartet. Unter dem Versprechen auf Landbesitz (2 ha pro Familie), ein Haus, Lebensmittelvorräte für ein Jahr und Saatgut beteiligten sich bis 1994 1,7 Millionen Familien mit insgesamt 6,8 Millionen Menschen am Umsiedlungsprogramm.

1969 war Borneo nahezu zu 100% bewaldet. Das Programm Transmigrasi führte in den folgenden Jahrzehnten zu einer gigantischen Abholzung sowie Trockenlegung der Sümpfe, um diese Flächen für die Landwirtschaft zu gewinnen. Im Süden Borneos sind die ehemaligen Wälder heute nur noch fragmentarisch erhalten.

Seitens der Dayaks wurden die Javaner als moderne Eroberer betrachtet. Schließlich wurden den Dayaks der Lebensraum entzogen, sie verloren Jagd- und Fischereirechte. Vor diesem Hintergrund erklären sich mehrere blutige Konflikte zwischen den Dayaks und den Zuwanderern.

Heute muss man Transmigrasi als gescheitert betrachten. Das Programm hat zu ernormen Umweltzerstörungen geführt, die Dayaks signifikant verändert, viele Zuwanderer in die Armut getrieben, nachdem sie ohne hinreichende Kenntnisse in der Landwirtschaft gescheitert waren, und letztlich nicht einmal das eigentliche Ziel, nämlich die ungleiche Bevölkerungsdichte zu homogenisieren, erreicht.

Aktuelle Situation

Heute sind nur noch in wenig zugänglichen Gebieten mit Primärregenwald weitestgehend natürlich lebende Dayak-Stämme zu finden. Viele haben große Teile ihrer Kultur aufgegeben. Einige Dayak-Stämme führen noch ein Leben als Reisbauern.

Im Bereich der Meratus-Region sind in den letzten Jahrzehnten viele Urwalddörfer aufgegeben worden. Die Dayaks sind an die Holzfällerrouten gezogen und verdienen sich teilweise als Holzfäller oder Truck-Fahrer. Auch in anderen Regionen haben viele Dayaks ihre alte Lebensweise aufgegeben und führen mittlerweile ein modernes Leben in den größeren Städten.

Situation in Tanjungsoke

Ein paar Dayaks und ich beim Essen einer Jackfrucht.

Tanjungsoke ist ein klassisches Dorf mit etwa 250 Einwohnern, die alle zu den Dayaks gehören. Das Dorf besteht aus kleinen Familienhäusern in Pfahlbauweise, die um einen zentralen Dorfplatz gruppiert sind. Ein klassisches Langhaus, in dem die gesamte Dorfgemeinschaft lebt, existiert nicht. Ebenso wenig findet man im Dorf den eingangs erwähnten Dayak-Körperschmuck.

Die Dayaks in Tanjungsoke betreiben überwiegend Landwirtschaft. Hauptsächlich wird Reis angebaut (in Trockenkultur, das heißt die Felder werden nicht unter Wasser gesetzt). Daneben werden verschiedene Gemüsearten kultiviert (hauptsächlich: Mais, Kürbis, Aubergine, Bitter Gourd, Flowering Cabbage, Celery Cabbage). Aufgrund der Nährstoffarmut von Regenwaldböden muss ein Feld zehn Jahre brach liegen, ehe es wieder zum Anbau genutzt werden kann. Die Dayaks fällen daher kleine Areale Regenwald von etwa 1 ha Größe, die sie dann abwechselnd bewirtschaften. Außer Wasserbüffel und ein paar Hühnern werden keine Tiere gehalten. Fischfang ist verbreitet, der Jagd gehen einzelne Einwohner nach.

In den letzten Jahren fand eine deutliche Technisierung des Dorfes statt. Einzelne Dorfbewohner arbeiten für die Holzfällergesellschaften und können sich Mopeds leisten. Nahezu jeder Haushalt verfügt über einen Dieselgenerator, der zumindest stundenweise Strom liefert. Nahezu jedes zweite Haus ist mit einem Fernseher und einer Satellitenschüssel ausgestattet. Die ersten Handys sind ebenfalls zu sehen.